“Der einzige Mensch, der sich vernünftig benimmt, ist mein Schneider. Er nimmt jedes Mal neu Maß, wenn er mich trifft, während alle anderen immer die alten Maßstäbe anlegen in der Meinung, sie passten auch heute noch.” George Bernhard Shaw
Nach der Definition des Brockhaus ist Arbeit „bewusstes, zielgerichtetes Handeln des Menschen, zum Zweck der Existenzsicherung, wie der Befriedigung von Einzelbedürfnissen, zugleich wesentlicher Moment der Daseinserfüllung.“ Diese Definition von Arbeit ist zwar etwas älter, hat sich aber seit dem Brockhaus von 1988 nicht verändert und trifft heute genauso zu wie vor 29 Jahren. Allerdings schaut die Welt, in der gearbeitet wird, heute anders aus.
Egal ob in der Antike, dem Mittelalter, der Industrialisierung oder nach dem Zweiten Weltkrieg, die Arbeitswelt war immer einem stetigen Wandel unterworfen. Allerdings hat die Geschwindigkeit, mit der Veränderung stattfindet, stark zugenommen. Aktuelle Diskussionen über Kapitalismus, Arbeitsgestaltung und Erwartungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitssuchenden zeigen deutlich, wie sehr das Thema den gesellschaftlichen Diskurs prägt.
Der traditionelle Nine-to–five-Job im Büro ist nach wie vor die wohl häufigste Art, seine Arbeitszeit zu verbringen. In einer Welt, die aber nicht zwischen 9 Uhr morgens und 17 Uhr abends stehenbleibt, ist dieses Modell wohl nicht mehr zeitgemäß. Ebenfalls wollen, vor allem die jüngeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sogenannten Generation Y, flexible Möglichkeiten, ihre Arbeit zu gestalten. Denn Arbeit als Existenzsicherung ist natürlich ein wichtiger Faktor, aber ein genauso wichtiger Faktor für viele ist Arbeit als Daseinserfüllung und Selbstverwirklichung. Dazu kommt, dass sich die Anforderungen des Marktes – gerade in der Sozialwirtschaft – massiv verändert haben. Professionalisierung, Wirkungsmessung, Evidenz und Kosteneffizienz sind nur einige der Schlagwörter der heutigen Arbeitsrealität. Die Veränderungen, die am Markt stattfinden, sind tiefgreifend und meistens sehr schnell. Um als Organisation erfolgreich auf diesem Markt bestehen zu können, braucht es Flexibilität und Kreativität in der Arbeit. Genau an diesen Punkten scheitern viele der heutigen Organisationen. Sie sind weder flexibel noch sonderlich kreativ was Arbeitsabläufe und vor allem Arbeitsmodelle angeht. Die Organisationen sind eben nicht der Schneider, der täglich neu Maß nimmt, sondern setzen immer wieder die gleichen alten Maßstäbe an und glauben, es geht trotzdem.
Das Resultat ist, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von sozialwirtschaftlichen Organisationen arbeiten bis zum Rande der Erschöpfung, um ihre Aufgaben zu erfüllen, weil die Organisation dahinter es nicht schafft, zeitgemäße Arbeitsabläufe und Arbeitsmodelle zu entwickeln.
Das heißt bevor über die Digitalisierung in der Sozialwirtschaft gesprochen werden kann, müssen sich sozialwirtschaftliche Organisationen überlegen, wie sie die Arbeitsmodelle und Arbeitsweise so anpassen, dass eine Digitalisierung auch wirklich Sinn macht. Nämlich um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Basis so zu unterstützen, dass sie ihre Arbeit besser eledigen können.